Geschichten JamesVermont erzählt Dir was

Durch die Achterbahn des Entwicklungsprozesses

D


Die Achterbahn des – was? Ja, heute beklage ich mich einmal nicht über mein Leben, sondern nerde über die Schreiberei, denn es gibt Gutes zu vermelden. Die Handlung für meinen zweiten Roman steht und auch mit dem Ersten geht es wieder voran. Jetzt, wo die dunkle Jahreszeit gekommen ist, wirds hinter dem Schreibtisch wieder gemütlicher und wir entzünden unser kreatives Licht. Also, ich zumindest.

So schnell vergeht die Zeit! Mein letztes Schreibthema war im Jänner, wo es um die Stadtseele ging und das ‒ so behauptet meine Statistik – kam bei der Leser:innenschaft meines Blogs besonders gut an. Natürlich halte ich dich in jedem Blogartikel über meinen Schreibfortschritt am Laufenden, aber, Hey, ich hab gerade keine Lust über meine Befindlichkeiten zu bloggen, obwohl es aktuell einen Haufen zu berichten gäbe. Ich habe, entgegen allen Unkenrufen das Gefühl, dass es bei mir vorwärtsgeht und darum nur positive Nachrichten an dieser Stelle.

Bild: Nerd bei der Arbeit

Die Planung für Roman #02 des Joscelyne-Universums ist abgeschlossen ‒ was ein wundervolles Gefühl ist. Aus dem wirren Zettelhaufen voller Ideen, Vorgaben der Reihenplanung und unzähligen Inspirationen, hat sich eine vielschichtige Geschichte geformt. Und das ist etwas Besonderes, weil ich in diesem Prozess immer wieder das Gefühlt hatte, die Handlung sei zu plump und eindimensional. Die Aufgabe, eine Horde Jugendliche gleich NEUN Mal in ein Spukhaus zu schicken, war eine besonders harte Nuss für mich ‒ jetzt aber ergibt alles einen Sinn.

Das hört sich jetzt natürlich so an, als wäre der Roman geschrieben ‒ was er nicht ist; Aber in gewisser Weise ist er das doch, weil ich jetzt schon Szenen kenne, auf die ich mich freue, oder weiß, an welchen Stellen mir der kalte Schauer über den Rücken laufen wird. Aber in der Phase, wo der erste Entwurf geschrieben wird, passiert noch ganz viel Magie und Unvorhergesehenes. Zwischen dem Plot und dem ersten Entwurf wird anhand der Schreibanweisungen im Plot ein Exposé geschrieben, um das Unvorhergesehene zu minimieren und die Magie zu maximieren ‒ ich berichtete bereits davon.

Wenn Dir das gefällt …

Kostenlos und jederzeit kündbar! Meine neuesten Geschichten Freihaus!



Aber wie sieht mein Planungsprozess aus?

Darüber, wie man von einer Idee zum Roman kommt, gibt es ganz viel im Netz zu finden. Ich behandle hier nur das Thema Ploting aka Outlining, weil ich eine Reihe schreibe und ganz viel von der Stoffentwicklung in den letzten vier Jahren passiert ist (ich habe immer wieder davon erzählt).

Die Serienbibel

Die Planung für den Roman beginnt immer in meiner Serienbibel. Darin sind die Figuren, der Weltenbau und die Serienübergreifenden Handlungsbögen enthalten. Laubelmont selber existiert als Stadtplan in Form einer Vektorgrafik. Bei jedem Roman wird an der Bibel und dem Stadtplan ein Stück weitergebaut. Manchmal, wie es bei #01 der Fall war, ergeben sich beim Schreiben neue Erkenntnisse und Ideen. Die werden dann am Ende des Projekts in der Bibel nachgepflegt.

Bild: Die Anfänge von Laubelmont 2020. Mittlerweile hat die Stadt schon mehr Details.

Ein Klassiker sind enge Freunde oder Familienmitglieder der Hauptfiguren. Die sind nicht im Detail durchgeplant. Brauche ich für eine Szene im Spukhaus z.B. alle Väter meiner Hauptfiguren in einem Raum, dann kenne ich zwar deren Familiengeschichte, muss aber ein Figurenstammblatt anlegen und die Details planen. Das kann durchaus zu einem ansehnlichen Kaninchenbau werden. Das Spukhaus, das meine Figuren durchsuchen müssen, habe ich ebenfalls gezeichnet. Es passt natürlich in den Stadtplan und der Stadtplan selbst, wurde um eine Gegend erweitert, in der eine illegale Raveparty stattfinden wird. Das ich mir nicht alles neu ausdenken muss ist ein Vorteil, der durch den Weltenbau und die serienübergreifenden Handlungsbögen entsteht. Denn für die Handlungsbögen musste ja genau das Gleiche getan werden, wie für einen Roman. Gelingt das gut, werden Leute wie ich, die auf Eastereggs und mysteriöse Hinweise stehen, gut unterhalten.

Aus dem Handlungsbogen entstehen stets zwei Eckpunkte für den Roman: An welche Orte müssen meine Kiddies gehen und welchen Gegenstand müssen sie finden. Dann komm ich als fieser Folterknecht ins Spiel und werfen ihnen ein klassisches Motiv der Horror-Literatur entgegen und weil ich besonders fies bin, ein Handlungsfeld aus der sozialen Arbeit. In #01 ist es das soziale Thema Gewalt und eine klassische Geistergeschichte. In #02 wird es um Alkoholmissbrauch gehen und – wie schon erwähnt, ein Spukhaus den zentralen Ort spielen. Die Paarung kommt meistens durch den zu findenden Gegenstand zustande, (der mit seiner Geschichte in der Serienbibel abgebildet ist) und macht wahrscheinlich nur für mich als Autor Sinn. Ein Herz und ein Spukhaus – klingt doch voll logisch. Nicht? Hihi, du hast auch nicht mein Clustering von digitalen Notizzetteln gesehen.

Clustern ist wie Ostern nur mit Linien

Beim Clustern lege ich alles auf einen digitalen Tisch und verbinde einzelne Elemente. Darin gehe assoziativ vor. Ich hab ein Herz, ein Haus, das Haus steht in Verbindung mit seiner Umgebung, diese Verbindung wird symbolisiert mit Bienen. Also ist der Antagonist ein Imker und die Gast-Figur ist die Tochter des Hausbesitzers, die von ihm das Imkern lernen will. Und Cory kommt auf die Idee Met zu brauen, um den Bogen zum Alkoholmissbrauch zu schließen. Viele Ideen und Verbindungen fallen mir beim Spazierengehen ein. Drum würde eine analoge Variante nicht infrage kommen. Die kann ich so schwer mitnehmen. Am Ende dieses Prozesses stehen das Anfangsbild und das Endbild. Damit habe ich Joscelyne Entwicklungsprozess während des Romans klar abgegrenzt und der Leserschaft vermittelt.

Im nächsten Schritt versuche ich alle Handlungsstränge chronologisch zu skizzieren, um sie klar vor mir zu haben. Danach erstelle ich einen linearen Szenenplan, der mit den einzelnen Handlungssträngen verlinkt wird und festlegt wer was wann wo macht. Auch erkenne ich zum ersten Mal, ob meine Handlung dem Beat-Sheet entspricht. Das Beat-Sheet legt fest, was ungefähr bei welcher Stelle im Buch geschehen muss, damit es für die Leserschaft spannend bleibt. Meistens weine ich bei dem Prozess, weil ich so viel streichen muss; aber manchmal ergeben sich dadurch neue Szenen, die dramaturgisch besser passen. Aber meistens weine ich.

Wenn Dir das gefällt …

Neueste Beiträge

Das Diktat des Beat-Sheet wird gefaltet

Da Joscelyne die Handlung des Romans ihrer Mutter erzählt, bin ich nicht zu einer linearen Erzählweise gezwungen. Das ergibt zwei Erzählebenen – die des beschreibenden Erzählers und die subjektive Erzählung Joscelynes. Ich nenne diesen Vorgang falten. In #02 wird diese Faltung um eine Vision und eine Erzählung in einer Erzählung erweitert. Das klingt jetzt vielleicht abstrakt, macht aber Sinn, wenn Joscelyne beschreibt, was sie in einem Video oder in ihrer Vision gesehen hat.

Im Diktat des Beat-Sheets entfallen beim falten erneut Szenen, während neue hinzukommen. Dadurch, das Joscelyne nur in bestimmt Momenten mit ihrer Mutter sprechen kann, bin ich zu gewissen Erzählpunkten gezwungen. Hier kommt mir die WG, in der Joscelyne untergebracht ist, positiv entgegen, denn Joscelyne soll zu gewissen Zeiten oder Anlässen zuhause sein. Die Leserschaft kann erwarten, wann sie das nächste Mal etwas von Joscelyne hören werden und ich als Autor kann mit den Erwartungen der Leserschaft spielen.

Es wäre wegen der Konsistenz

Am Ende steht ein Plot der in Tage und Erzählpunkte eingeteilt ist, die wiederum in Szenen unterteilt sind, die wiederum Schreibanweisungen und Links zu den linearen Plots enthalten, die mich retten sollen, wenn meine Schreibanweisungen mal wieder zu allgemein gehalten waren (dabei habe ich bereits darüber gelacht). Zum Schluss überprüfe ich noch mal die Continuity. Joscelyne soll immer wieder ihr Telefon verlegen und in #02 läuft sie einmal überhaupt nur barfuß im Pyjama aus dem Haus. Wann jemand welchen Gegenstand dabei hat oder nicht, ist meistens plotrelevant.

Eigentlich ist der Plot ja nie fertig. Wie auch ein Buch nie wirklich fertig ist. Ein Sprichwort sagt, dass Texte wie guter Wein sind. Die reifen mit der Zeit. Von Männern sagt man das Gleiche, wenn sie älter werden. Was das jetzt für mich bedeutet? Keine Ahnung.

Die weiteren Aussichten

Der Plot für #02 chillt bis Anfang Winter in der Schublade. Gleich nach diesem Blog kommt die Verlagsbewerbung für #01auf meinen Schreibtisch. Ich muss mich eh beeilen, denn zu Halloween erreicht mich das letzte Feedback eines BETA-Lesers für #01. Mit dem Feedback gehe ich in eine weitere Überarbeitungsrunde und kann ohne Weiteres die Statue von Leon Bonar aufstellen, der in Laubelmont als Kaiser, Eroberer und Herzensbrecher bekannt war. Beim Plotten von #02 sind kleine Änderungen für #01 entstanden. Und nachdem #01 auf meinem Schreibtisch chillt, ist es durchaus möglich diese kleine Änderung einzubauen. Und dann endlich wird es Zeit für das Exposé für #02.

Das tat jetzt wieder mal gut. Einfach abnerden. Ich hoffe, du konntest mir durch die Achterbahn meines Entwicklungsprozesses folgen. Aber ich glaube, wenn du diese Zeilen liest, hast du das getan. Wie hat es dir gefallen? Schreibst du selbst? Ich freue mich immer von gleichgesinnten Menschen zu hören. Bis bald;

Sag' auch mal was!

Geschichten JamesVermont erzählt Dir was

Neueste Beiträge

JamesVermont

JamesVermont aus Klagenfurt am Wörthersee ist Gestalter, Autor, Trommler und Vater 2er Kinder.

JamesVermont

Folgen

~~~für Ruhm & Ehre~~~