Ich schreibe einen Roman. Aber weil ich aus meinen bisher gescheiterten Projekten gelernt habe, drehe ich eine Schleife über das Exposé, das mir eine Vorschau auf mein eigenes Werk liefern soll. Hier eine kurzer Bericht, wie es mir damit ergangen ist.
Ende Jänner habe ich damit angefangen, das Exposé für meinen Roman zu schreiben. Den letzten Versuch einen Roman zu schreiben, habe ich 2018 unternommen – das ist gut fünf Jahre her. Wie die geneigte Leserschaft bemerkt hat, ist der Versuch gescheitert. Warum und wieso, ist Stoff für einen anderen Blogpost. Wichtig ist fürs Erste nur, dass ich diesen Fehlschlag nicht wiederholen möchte, denn seit damals, habe ich viel dazugelernt. Zum Beispiel was ein Exposé für mich als Romanautor leisten kann.
Um was wird es in meinem Roman gehen?
Um Joscelyne, die du vielleicht schon aus meinen Kurzgeschichten kennst. Wenn dem so ist, überspringe diesen Absatz; wenn nicht, drehe ich mit dir eine kurze Schleife. Der Roman, der im Genre des Urban Fantasy (Bücher wie: Dresden Files oder die Flüsse von London) angesiedelt ist, spielt in einer fiktiven Kleinstadt namens Laubelmont, die durch einen massiven wirtschaftlichen Niedergang gezeichnet ist und eine besondere – eine magische – Rolle in der Umgebung einnimmt. Joscelyne ist eine Teenagerin, stammte ursprünglich aus der Hauptstadt und lebt seit etwa drei Jahren in einem Kinder- und Jugendwohnhaus namens Levana. Sie erlebt mit ihrer Clique aus fünf weiteren Freunden und Freundinnen übersinnliche Abenteuer in den Lost Places der Stadt. Erzählt werden die Geschichten in Form von Berichten an ihre Mutter. Du wirst miterleben wie Joscelyne an ihre Grenzen kommt, wie sie das Erlebte beim monologisieren mit ihrer Mutter reflektiert und welche – ja, auch manchmal falsche – Schlüsse sie daraus zieht. Getragen werden die Geschichten von der Dynamik zwischen Joscelynes Freunden und einer wildromantischen Stadt.
Schleife beendet. Jetzt zu der Sache mit dem Exposé.
Was ein Exposé ist und warum es für mich wichtig war
Das Exposé ist in erster Linie eine Zusammenfassung, die als Vorschau auf eine größere Arbeit dient. Sie ist kein Klappentext, der zum Kauf eines Buches bewegen soll und auch kein Abstract, das bei einer wissenschaftlichen Arbeit eine Zusammenfassung der Ergebnisse liefert. Was sie von einer normalen Zusammenfassung unterscheidet ist, dass die gesamte Handlung inklusive überraschenden Wendungen und der Schluss verraten werden – das Exposé spoilert also. Normalerweise ist das Exposé Teil einer Verlagsbewerbung, was diese Textsorte zum Angstgegner für viele Autor:innen macht.
Das Exposé, das ich geschrieben habe, dient maximal als Vorlage für eine mögliche Verlagsbewerbung. Ich habe es als Werkzeug benutzt, um einen erste Vorschau auf meinen Roman zu bekommen. Es ist vergleichbar mit der Handskizze einer Bildhauerin. Als Grundlage für das Exposé diente in meinem Fall der sogenannte Plot. Der Plot ist ein flexibler Szenenplan, der Schreibanweisungen beinhaltet und somit in groben Stichworten die gesamte Handlung mit allem was sonst noch so dazu gehört, umreißt. Diesen Plot habe ich mir über die letzten zwei Jahre zusammengebaut. Die zugrundeliegende Geschichte hat sogar noch mehr Jahre auf dem Buckel und mehr als eine Zäsur hinter sich. Was vor allem daran liegt, dass ich diesen Plot als Ausgangspunkt für den gesamten Weltenbau und die Figuren verwendet habe. Dementsprechend holprig verlief das Verfassen des Exposés. Es war für meinen Roman immens wichtig, dass ich diesen Zwischenschritt vor dem ersten Entwurf getan habe. So sind Szenen rausgeflogen, die überflüssig waren, Schreibanweisungen wurden verdeutlicht und manche davon gestrichen. Da standen Anweisungen wie zum Beispiel diese hier:
Valerie am Bahnhof:
Wir lernen Valerie kennen.
Sie kommt von ihrem Vater in der Hauptstadt zurück und ist geknickt
Na, was würdest Du aus dieser Schreibanweisung machen?
Warum Valerie geknickt ist, weiß ich aus ihrer Biografie, die im Zuge der Entwicklung meiner Heldinnen entstanden ist. Ihre Eltern sind geschieden und sie lebt in der Hauptstadt bei ihrem Vater, der eine jüngere Lebensgefährtin hat. Die Szene am Bahnhof führt die Figur ein und sorgt bei der zukünftigen Leserschaft für einen ersten bleibenden Eindruck.
Im Exposé kommen Informationen aus mehreren Quellen zusammen
Das nackte Gerüst des Plots wird mit einer ersten Schicht überzogen, welche die Informationen aus dem Weltenbau und der Figurenentwicklung zusammenbringt. Ich habe einen ersten Eindruck davon bekommen, ob Szenen funktionieren werden, oder an welchen Stellen nachgebessert werden muss. Auch das Ergebnis der Test-Kurzgeschichten ist bereits mit eingeflossen. So habe ich mir noch einmal angeschaut, wann Joscelyne was erzählt. Als ich die Geschichte geplant habe, war mir das Timing-Problem der Rahmenhandlung noch nicht bewusst gewesen.
Apropos Rahmenhandlung und Rückblenden: Der Film Titanic scheint zur Zeit in aller Munde zu sein und läuft wohl auch in einigen Kinos. Rose erzählt ja in Rückblenden, was sich damals beim Untergang des Dampfers zugetragen hat. Im Prinzip macht Joscelyne genau das Gleiche, wenn sie ihrer Mutter von den Erlebnissen der letzten Tage oder Stunden erzählt. Wie schwierig es aber ist, Elemente der Erzählung, die auf diesen zwei unterschiedlichen Erzählebenen stattfinden, zu einem stimmigen Gesamtbild zu verweben, hatte ich jedoch nicht erwartet. Damit meine ich nicht nur die Schauplätze, wo im Falle von Titanic ein Vorher und Nachher gezeigt wird. Ein Beispiel dafür, wie grandios der Film geschrieben ist, ist zum Beispiel die Rolle des Diamanten und sein Weg durch den Film.
Ich bin eigentlich ganz gut darin Zusammenfassungen zu schreiben
Durch meine knappen Schreibanweisungen war es auch schwierig ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie lange das Buch wird. Manche Szenen konnte ich in wenigen Absätzen zusammenfassen, andere uferten über eine ganze Seite aus. Dazu kommt noch das Problem, welches die Textsorte mit sich bringt: Wie sehr komprimiert man den Inhalt und an welchen Stellen tut man das? Was ist für die Leserschaft eher nebensächlich und was muss unbedingt gezeigt werden. Der Roman ist auf Grund der Figurenkonstellation recht Dialogstark und viele Entscheidungen werden von der Gruppe verhandelt. Diese Verhandlungen sind es aber, von denen ich mir denke, dass sie ein wichtiges Element im Roman sind. Das macht die Zusammenfassung wiederum schwierig, denn ein bloßes Herunterbrechen der Szene auf das Ergebnis der Verhandlung, wäre zwar effizient, aber würde diesen wesentlichen Punkt übersehen. Solche Überlegungen unterscheiden das Exposé von der Inhaltsangabe.
Für mich als Autor ist das Vorhandensein dieser Schwierigkeit ein Indikator dafür, dass meine Geschichte ein Problem haben könnte und ich mir überlegen sollte, die Verhandlungen anders darzustellen. Nicht jeder Dialog muss bis ins Kleinste ausgestaltet werden. Joscelynes Rückblenden erlauben manche Wege abzukürzen oder aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Wichtig ist aber auch bei dieser Methode, das Wesentliche zu transportieren und die Leserschaft zu unterhalten. Was mich als Autor anbelangt, der Vordergründig ein Träumer ist, so habe ich meine ganz eigenen Bilder im Kopf. Und wenn meine Schreibzeit daraus besteht, in der Wohnung im Kreis zu laufen und den Dialog mit mir selbst auszufechten, um an die Essenz des Konflikts zu gelangen, so hat es mir genau so viel Spaß gemacht, wie den Dialog zu schreiben.
Wenn Dir das gefällt …
Es wäre wegen der Länge
Aber ein mulmiges Gefühl bleibt. Nach zwanzig Stunden Schreibzeit hat mein Exposé schmusige vierundzwanzig A4-Seiten und somit sämtliche Empfehlungen gesprengt, die da draußen rund um die Verlagsbewerbung kursieren. Aber wir beide erinnern uns: Das war nicht der Sinn der Übung. Ich wollte ein Gefühl für meinen Roman bekommen, und das habe ich. Wieso also das mulmige Gefühl? Es wäre wegen der Länge. Wie schon erwähnt sind meine Schreibanweisungen extrem unspezifisch und werden somit zu einem Faktor der Unsicherheit. Mir fehlt die Erfahrung, um vorhersagen zu können wie viel Text am Ende dabei herauskommt und das wiederum birgt die Gefahr im Projekt steckenzubleiben und es abzubrechen. Mit dem Exposé als zweite Quelle und Skizze, sollte mein Schreibprozess jedoch zielgerichteter und fokussierter sein und das stimmt mich zuversichtlich. Ich halte dich gerne auf dem Laufenden.
In dem Sinne hoffe ich dich mit einem Einblick in meine Schreibwelt unterhalten zu haben und würde mich über ein Like, ein Kommentarchen oder ein Bussi freuen.
Alles Gute für deinen Roman!