Seit März komme ich nur noch zum Schreiben, wenn ich für meine Ausbildung Texte verfassen muss. Dafür darf ich endlich wieder Praktika absolvieren – was mich sehr freut. Zwar wartet eine komplett durchgeplante Geschichte aus Laubelmont darauf zum Leben zu erwachen, aber die Ausbildung geht nun mal vor. Wer mich kennt weiß aber, dass es bei mir ganz ohne Kreativität nicht geht.
Darum habe ich mit meinen Kids ein neues Videoprojekt angefangen. Neu deswegen, weil es ein altes Abgeschlossenes gibt. Ja, ich weiß wie das jetzt klingt! Einen halben Tag in der Woche arbeiten wir jetzt daran, während wir uns zum Ausgleich einen ganzen Tag Freizeit gönnen, in der wir als Familie ohne irgendwelche Projekte, Aufgaben und Übungen zubringen – mein einziger freier Tag. Doch bevor wir uns in das Videoprojekt stürzen konnten, bestand mein Sohn darauf, endlich eines meiner Versprechen einzulösen.
Vor Jahren haben meine beiden Kinder (heute 9 und 11) Spielzeugschwerter plus Schilde aus Holz geschenkt bekommen. Während meine Tochter nur eher am reiterischen Teil des Rittertums Interesse zeigt, taucht mein Sohn richtig tief in dieses Thema ein, und geht mitunter auch behelmt in den Hort. Der Nachbarbub hat sich als prima Kampfgefährte entpuppt. Zusammen bekämpfen die beiden in unterschiedlichsten Settings die unterschiedlichsten Gegner. Die Imersion, welche die beiden Kinder erleben, lässt jede Virtual-Reality-Technologie weit hinter sich.
Bloß werden die Burschen größer und auch stärker – und so kams, wie es kommen musste und das gebrochene Schild ziert ab nun den Schlafbereich meines Sohnes. Ich glaube, er ist recht stolz drauf …
Bauanleitungen für die Schilder habe ich nicht großartig gesucht, jedoch immer wieder welche in meinem Freundeskreis in der Hand gehabt. Die Form war von meinem Sohn gewählt und die Schichtholzplatte aus Birke vom Baumarkt war die Empfehlung eines Freundes. Die Größe des Schildes ergab sich aus der Körpergröße der Buben. Sie bedecken Bauch und Hals komplett. Dummerweise ließen sich aus der Platte gleich drei Schilde herstellen – doch dazu später.
Eigentlich hätte ich mir anstatt der zweiten Schlaufe einen Führungsgriff gewünscht um die Auslenkung besser unter Kontrolle zu halten, doch die Kids fanden im Wald keine geeigneten Hölzer.
Die alten Lederriemen konnten wiederverwendet werden. Doch für die beiden neuen Schilde hatte ich neue Bänder anzufertigen – vier Stück!. Gerne hätte ich das gleiche Leder verwendet, aber das war zuhause nicht aufzutreiben. Dafür hatte ich bei unserer benachbarten Sattlerei eine ganze Bahn Kunstleder für ein anderes Projekt erstanden.
Über das Befestigen der Haltebänder hatte ich mir zu wenig Gedanken gemacht. Ich habe mich dazu entschlossen, die Bänder mit einem Holzrest am Schild einzuklemmen. Und nun ratet mal, was mir dazu fehlte. Es war übrigens Samstag Abend. Ein Zeitpunkt, an dem selbst die Baumärkte geschlossen haben: Richtig. Ich hatte keine passenden Schrauben!
Ich hatte also zu improvisieren. Zum Schluss gelang es mir doch einerseits die Bänder mit Karosseriescheiben zu befestigen und andererseits die Materialstärke des Holzes so zu vergrößern, dass die Schrauben nicht auf der anderen Seite überstanden. Was sie trotzdem taten, aber egal.
Ihr seht vielleicht, dass die Gestaltung der Schilder beinahe wichtiger war, als ihre Funktionalität. Dahinter steckt auch mein geheimer Masterplan, den Kids Kreativtechniken näherzubringen.
Den Grund des Schildes bildete eine Schicht Holzschutzfarbe, die dem Holz ein langes Leben gewährt, auch wenn es mal über Nacht in der Wiese liegen bleibt und von der Armee der Schneckenritter überrannt wird.
Ich verlangte von den Kindern Entwürfe für Motiv und Farben – was sie noch verstanden, aber ihnen schwer fiel zu akzeptieren. Planhaftes Arbeiten ist ihnen noch etwas fremd. Aber ein bearbeitet Stück Holz ist kein Blatt Papier und Acrylfarben sind schwer auszuradieren. Den Bleistiftentwurf kopierte ich drei Mal und ermöglichte es ihnen, verschiedene Farbzusammenstellungen auszuprobieren. Das fanden sie gut.
Nach dem Entwurf fertigten wir Schablonen in Größe des Schildes an. Das verstanden sie noch weniger. Es stellte sich aber heraus, dass sich die Motive mehr oder weniger leicht übertragen ließen. Zum Beispiel fiel das Motiv mit dem Totenkopf aus, weil es zu schwierig umzusetzen war. Eine zweite Herausforderung für sie barg die Symmetrie. Ich versuchte ihnen zu zeigen, wie sie ein Objekt mittig auf dem Schild anordnen konnten. Der Frust der Kids erreichte schwindelerregende Höhen. Es fiel mit schwer den Kids zu vermitteln, dass Farbschichten übereinander liegen können und dass es für diese Technik eines Entwurfes bedarf.
Zum Glück sollten zwei der Schilder mit einer gleichmäßigen Hintergrundfarbe gestrichen werden. Mit der Walze fett Farbe aufzutragen gefiel ihnen sehr gut und danach war der Tag auch vorbei. Außer für mich, denn ich war bis spät Nachts mit Nähen beschäftigt.
Die nächste Schicht Farbe folgte eine Woche später und da hatte es sich schon ausgezahlt, dass wir die Schablonen erstellt hatten. Den Blutfleck für die Doppelaxt platzierten wir genau an die Stelle, an die später die Klingen gezeichnet werden sollten – als die Mittellinie übermalt wurde, hatte mein Sohn die Verwendung der Schablone verstanden.
Übrigens ist eine Doppelaxt eine alles andere als primitive Waffe. Ich beim übertragen des Designs auf das Schild.
Die gekreuzten Schwerter dienten dann noch als Lehrstück dafür, dass man mit mehreren Schichten Farbe coole Effekte erzielen, aber auch Fehler korrigieren kann. Stolz wurden die Schilde dann Opa und Oma präsentiert.
Jetzt trocknet aber erst mal die Farbe und wird wenden uns der nächsten Baustelle zu. Für den nächsten Arbeitsschritt müssen wir aber noch mal in den Baumarkt. Die Vorfreude ist schon sehr groß – auch bei mir.
