Willkommen in meiner kleinen verrückten Filmproduktionsfirma, wo die wundersamsten Dinge passieren (können). Schön, dass du zu unserem Gala-Abend erschienen bist! Geh’ einfach rein, wir finden uns schon.
Du überprüfst den Sitz deiner Kleidung, ziehst deine Handschuhe noch einmal straff und steigst aus dem Auto aus, das dich zu einem in die Jahre gekommen Firmengebäude gefahren hat. Es ist bunt beleuchtet und als du auf den roten Teppich trittst, erscheint es dir, als würden deine neuen Schuhe etwas drücken.

Ein junger Mann im Frack, nimmt deine Einladung entgegen und du hast das Gefühl ihn schon einmal gesehen zu haben – ist er Schauspieler?
In dem verwinkelten Gebäude steht die sommerliche Hitze und das quirrlige Stimmengewirr scheint von überall gleichzeitig zu kommen. Es riecht nach belegten Brötchen und Sekt. Doch davon unbeirrt folgst du den Wegweisen zur sogenannten „Grey-Stage“. Eine breite Doppeltür steht offen und ein Schild verrät dir, dass du den Drehort von „REYS #02“ erreicht hast. Dein Gastgeber, JamesVermont müsste hier irgendwo zu finden sein. Leider steht nur eine überschaubare Menge an Gästen an den Stehtischen, vor der Filmkulisse.
Du betrittst die große Halle, die von einer großen Häuserfront beinahe ausgefüllt wird. Es handelt sich um den Nachbau eines Hotels – das verraten dir die verwitterten Buchstaben, die den Eindruck erwecken, jeden Moment von der brüchigen Mauer zu fallen. Es spießt sogar vertrocknetes Gras aus den Ritzen der Fassade. Die Fenster im Erdgeschoss wurden nicht nur mit Brettern vernagelt, nein, man hat sogar Gitter davor angebracht, hinter denen sich Müll sammeln. Du bist erstaunt über die Detailtreue der Kulisse und bemerkst erst spät einen jungen Mann, dessen wallendes goldblondes Haar von einem Haargummi gerade noch so im Zaum gehalten wird. Er lehnt an einem der Stehtische steht und beobachtet dich.
Auf Grund seiner Arbeitskleidung und dem Namensschild, auf dem „Sven“ zu lesen ist fragst du: „Hast du das gebaut?“
Sven streicht sich über seinen spitzen Kinnbart und antwortet: „Nicht alleine. Und die Stehtische sind vom Caterer.“ Er lächelt augenzwinkernd.
Gerade willst du fragen, ob du die Räume in der Kulisse betreten darfst, als eine junge Dame neben dir erscheint und dich ablenkt: „Ah, Hallo! Ich bin Patricia! Endlich habe ich sie gefunden!“
Patricia ist zwar groß und schlank, aber definitiv unter zwanzig Jahre alt. Ihre Kleidung, sowie die Locken ihrer Frisur sitzen perfekt. Sie nimmt einfach deine Hand und schüttelt sie, „Der Chef schickt mich. Komm einfach mit.“ Sie wendet sich an Sven und sagt: „Ich entführ’ dir mal deinen Gast.“

Wenn Dir das gefällt …
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Über das Kopfkino
Im Eiltempo saust die Praktikantin vor dir her und du verlierst sie im Gedränge. Eine Gruppe von Menschen spült dich in einen kleinen Kinosaal. Sogleich schließt hinter dir ein grauhaariger, hagerer Mann die Saaltür: „Schön, dass sie den Weg zu uns gefunden haben. Ich bin Arnold, der Pfleger des Kinomuseums …“ Und du weißt nicht so recht, wie dir geschieht.
Das Licht im Saal ist eingeschalten und auf die Leinwand projiziert ein kleiner Beamer den Beginn einer Präsentation mit dem Titel: „Historisches Filmkino“. Du fragst dich, wo du da hineingeraten bist, doch der grauhaarige Mann geht flotten Schrittes um die Gruppe Menschen herum und erklärt: „Ich freue mich ihnen heute Abend unsere neue Ausstellung näher bringen zu dürfen …“
Du hörst aufmerksam zu, auch wenn du dich nicht für alte Filme und deren Produktion interessierst. Dem Charme einer alten Filmkamera, kannst du dich jedoch nicht ganz entziehen. Plötzlich tippt dir jemand auf die Schulter. Du drehst dich um und James steht hinter dir. Er flüstert:
Gut, dass ich dich gefunden habe. Patricia ist noch nicht so geübt im Umgang mit Gästen – sie war ganz verzweifelt, als sie dich verloren hat. Unseren neuesten Untermieter hast du ja jetzt auch schon kennengelernt.
James grüßt Arnold freundlich und bittet dich durch die Türe hinaus aus dem Saal.

Ihr überquert lediglich den Gang und tretet durch eine weitere breite Doppeltür. Der Raum ist in etwa so groß wie der Kinosaal, in dem du gerade warst, und voll mit Menschen, die sogar an den Wänden stehen, weil die Stühle nicht reichen. Lediglich die Bühne ist beleuchtet und es wird den Worten einer junge Frau gelauscht, die auf einem bequemen Sofa sitzt und Fragen beantwortet, die Gäste aus dem Publikum stellen. Die Moderatorin hat die Bühne verlassen und bewegt sich zwischen den Reihen, um den Fragestellenden ein Mikrofon zu reichen. Bei der Schauspielerin, deren halblangen braunen Haare perfekt zu ihrem Cocktailkleid passen, bist du dir sicher, dass sie kein Jahr älter geworden ist, als du sie zuletzt gesehen hast. Sie ist die Hauptdarstellerin aus dem ersten Teil der Reys. Hier bist du richtig. Der Pressetermin zum Start der Dreharbeiten von „REYS #02“. Du freust dich das Ziel deiner Odyssee erreicht zu haben und zückst, noch im Gehen, dein Aufzeichnungsgerät.
James weißt dir einen Platz in der ersten Reihe zu, der extra für dich freigehalten wurde. Du setzt dich hin und hörst die nächste Frage:
„Im letzten Film hat Joscelyne eine eher traurige Niederlage einstecken müssen und man hat eigentlich nicht erfahren, wie es mit ihr danach weitergegangen ist. Auf was müssen wir uns im zweiten Film einstellen?“
Die Schauspielerin lächelt vielsagend und erklärt: „Vieles von dem was Joscelyne getan hat, wird sie einholen und die Konsequenzen, die sie tragen muss, sind nicht von schlechten Eltern. Ich glaube, sie können sich auf eine emotionale Berg- und Talfahrt einstellen.“
Eine andere Person hinter dir stellt die nächste Frage: „Wir haben drüben die Kulisse des Hotels gesehen. Spielt der ganze Film dort? Im ersten Teil sind wir doch recht viel mit den Reys in der Stadt unterwegs gewesen.“
„Das Hotel Post ist zwar sehr prominent in dem Film, aber es werden trotzdem viele neue Ecken von Laubelmont zu sehen sein. Die Reys werden immer wieder ins Hotel zurück kehren und neue Herausforderungen erleben.“
Die fragestellende Person lacht in das Mikrofon und sagt: „Herausforderungen klingt recht schmeichelhaft für Horror-Elemente.“
Die Schauspielerin auf der Bühne lacht ebenfalls: „Zwar ist es für Joscelyne wirklich der Horror, aber der Film bleibt seinen Gruselelementen treu und meine Figur muss wieder sehr tapfer sein.“
Du blickst auf deine Uhr und stellst fest, dass du aufbrechen musst. Du notierst dir das Gehörte und stehst auf. James flüstert dich noch schnell ins Ohr, dass du ihm jederzeit Fragen stellen kannst und dankt dir für deinen Besuch.
Dann eilst du durch die Tür und weiter zu deinem nächsten Termin.