Willkommen in meiner kleinen verrückten Filmproduktionsfirma, wo die wundersamsten Dinge passieren (können). Du parkst mit deinem Firmenwagen vor einem heruntergekommenen Firmengebäude und murmelst: „Kein Wunder, dass hier Ratten hausen.“

Nach dem Klingeln kannst du durch die Glastür beobachten, wie James, der Inhaber der Filmfirma, von der du gerufen wurdest, um die Ecke kommt und dich freundlich anlächelt. Als er die Tür öffnet, sagt er: „Danke, dass Sie es so schnell einrichten konnten.“
Du zuckst mit den Schultern und sagst: „Kein Problem, ich war gerade in der Gegend.“, und folgst James ein paar Schritte, bis du aus dem Eingangsbereich heraus und zu einer Kreuzung kommst. „Äh, und wo ist jetzt das … Problem?“
Aus der einen Richtung weht der Duft von Kaffee und Papier; aus der anderen Richtung kommt ein blonder Typ mit langen Haaren und biegt fröhlich pfeifend durch eine Doppeltür. Hinter dir liegt die Glastür, durch die du herein gekommen bist.
James zeigt in die Richtung, aus die der pfeifende Typ gekommen war und sagt: „Im Keller.“ Du antwortest: „So so.“, und greifst den Gurt deiner Werkstatttasche, die du aus dem Auto mitgenommen hast, etwas fester.
Während ihr die breite Treppe in den Keller nehmt, erklärt James, dass seine Firma das Gebäude noch nicht lange nutzt und es bisher keine Probleme gegeben hat: „Ich verstehe nicht, wie Ratten hier rein kommen.“ An einer Doppeltür, die ein Pappschild als ARCHIV ausweist, bleibt James stehen. Mit ernstem Gesicht sagt er: „Ich habe mal gehört, dass sich Ratten sogar durch Stahlbeton beißen können.“
Du entdeckst den Lastenaufzug zu deiner Linken und zeigst darauf: „Das ist Aberglaube. Solche Schächte sind viel bequemer für die Kumpels.“
James sagt: „Ah“, öffnet die Tür zum Archiv und betätigt einen Lichtschalter. „Hier lagern wir die Requisiten unserer Produktionen.“

Wenn Dir das gefällt …
Mehr aus dem Kopfkino
Über das Kopfkino
Vor dir siehst du einen breiten Gang, der durch Reihen von Regalen, bis zur Rückwand des Raumes führt. Die Regale sind vollgestopft mit so vielen verschiedenen Dingen, sodass du eine Weile brauchst, um zu erkennen, was das alles sein soll. Während du noch versuchst das Gesehene einzuordnen, sagt James zu dir: „Kommen Sie mit, ich zeige ihnen, wo ich das Nest vermute.“
Als du James durch die Reihen folgst, fällt dir ein großer Wildschweinkopf ins Auge, der in einer transparenten Plastikbox vor Staub geschützt wird. Links und rechts daneben stehen Ordner, auf die mit krakeliger Schrift ein Name gekritztelt wurde – du gehst leider zu schnell, um ihn entziffern zu können.
In der nächsten Reihe hängen Kostüme, die in Gewandschoner gehüllt sind. Ein mannshohes Schwert wurde an einem Haken darüber aufgehängt – zu gerne hättest du herausgefunden, ob es scharf ist.
Gleich im nächsten Regal siehst du dicht gestapelte Paneele. Da sie unterschiedliche Farben haben, und an ihrer Stirnseite nummeriert sind, vermutest du davon aus, das es Kulissen sein könnten.
Schließlich biegt James ab und du folgst ihm in eine Regalflucht, in der irgendwelche Stoffgegenstände in Plastiktaschen verpackt sind. In einer erkennst du aus dem Augenwinkeln eine bleiche Hand und erschrickst – James bemerkt das und sagt mit einem Grinsen ins Gesicht: „Das ist von unserem ersten Horrorfilm. Schon ein paar Jahre her.“
Verunsichert sagt du: „Ah ja?“, und James bleibt stehen. „So, da ist es. Können Sie es sehen?“ James zeigt auf eine Stelle in halber Höhe des Regals.
Dort sind mehrere Kästchen aus Holz übereinander gestapelt. Dir weht der vertraute Geruch von Rattenurin entgegen. Du zückst deine Taschenlampe in Form eines Kugelschreibers und leuchtest die Stelle aus: „Was sind das für Dinger?“
James streckt sich ein wenig, um die Kästchen aus unlackiertem Holz besser betrachten zu können: „Zettelkästen. So haben wir früher Projekte geplant.“
„Brauchen sie die noch?“
James sieht dich mit ernstem Blick an: „Sie meinen, wir sollen das ganze Zeug einfach wegwerfen und das Ratten-Problem ist gelöst?“
„Ist da was Essbares drin?“ – „Papier? Vielleicht ein Klecks Ketchup von vor zehn Jahren?“
„Darf ich?“ James tritt beiseite und du beugst dich in das Regal und horchst genau hin. Außer entfernte Stimmen und ab und zu ein Rumpeln aus den oberen Stockwerk ist nichts zu hören.
Plötzlich sagt James: „Ich kann einen der Kästen rausheben.“
So geschieht es.
Bis auf ein paar Köttel, ein paar kurze Haare aus dem Pelz der Ratten und den angetrockneten Läckchen ist der Kasten unversehrt. James öffnet die Klammern, die den Kasten verschlossen halten und du bist ganz gespannt, was darin zum Vorschein kommen wird.
Es sind Karteikarten, die mit verschiedenen Handschriften und verschiedenen Farben beschrieben wurden. Gerade, als du dich fragst, wozu das gut sein soll, sagt James: „Du meine Güte, ich wusste gar nicht, dass wir DAS noch haben! Das ist genial!“
„Ähm, entschuldigen Sie. Ich müsste untersuchen …“
James springt auf und sagt: „Kein Problem! Ähm, könnten Sie mir vielleicht zur Hand gehen und das in den Lastenaufzug stellen?“
Überrascht, jedoch lösungsorientiert, nimmst du das Kästchen mit den Karteikarten entgegen, während die Lampe irgendwohin leuchtet. James zieht einen weiteren Kasten aus dem Regal und plötzlich ist eiliges Wetzen zu hören, es rattert und hinter dem Regal fällt etwas dumpf zu Boden.
James ruft: „Das sind die Ratten!“ Doch du kannst nichts sehen, weil du beim Umdrehen mit der Lampe in einen Spiegel leuchtest und dich damit selber blendest – das Kästchen wäre dir auch fast aus der Hand gefallen.
Zusammen mit James trägst du mehrere dieser Holzboxen zum Lastenaufzug. Als du deine Ladung abstellst, fragst du: „Ach ja, wegen der Anfahrt …“
„Kein Problem“, James klopft dir auf die Schulter, „jetzt, wo wir neue Mitbewohner haben?“
Du ziehst die Augenbrauen hoch und sagst: „Sie wissen aber schon, dass Ratten Schaden …“
Zu deinem Erstauen klopft James auf die rattenverseuchten Kästchen im Lastenaufzug: „Egal was Ratten tun. Sie glauben gar nicht, wie wichtig die Dinge sind, die auf den Karten da drinnen aufgeschrieben sind.“
„Das freut mich für Sie, dass sie diese … Schätze gefunden haben, aber …“, James unterbricht dich und sagt: „Es ist ja nicht WAS darauf aufgeschrieben wurde, sondern das WIE. Wenn man tausend Ideen hat, muss man die auch irgendwie managen – das ist ja unser Kapital, wissen Sie?“ James wendet sich der Treppe zu: „Kommen sie. Ich begleite Sie zum Büro, da klären wir alles“, James zeigt dir seine Hände und lacht: „Und ich glaube, ich sollte mir die Hände waschen gehen.“
Beruhigt atmest du aus. Scheinbar ist der Kerl doch nicht ganz durchgeknallt.
Zehn Minuten später steigst du in den Firmenwagen ein und betrachtest das Klemmbrett in deinen Händen. Bis auf den Servicevertrag über fünf Lebendfallen und eine erhöhte Beratungszeit (Kisten schleppen gibt’s nicht gratis!) fiel der Auftrag recht mager aus. Du verstehst allerdings nicht, wie dich die Vorzimmerdame dazu gebracht hat, den Newsletter der Filmfirma zu abonnieren. Vielleicht hatte es etwas mit ihren großen grünen Augen zu tun? Du zuckst mit den Schultern und denkst dir: „Vielleicht eh gut so, wenn ich jetzt öfter mit diesen Verrückten zu tun habe.“, und startest den Motor.
