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Die Sache mit dem Ei

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Das erste Kapitel meines Romans ist geschrieben. Wie es mit damit gegangen ist und welchen Herausforderungen ich mich stellen musste, erfährst du hier. Du erfährst ebenfalls wie du Eier ausbläst und warum ich wirklich von Zuhause ausziehen musste.

Joscelyne betrachtet die Knöchel ihrer rechten Hand. So lautet derzeit der erste Satz meines neuen Roman-Projekts. Im letzten Blogpost habe ich bereits davon erzählt und wir beide haben uns angesehen, was ein Exposé ist, und was es für mein Romanprojekt geleistet hat.

Die Magie des Schreibens

Ein Ei, in dem eine Nadel steckt

Heute bin ich einen Schritt weiter. Ich habe das Exposé überarbeitet und mit der Magie angefangen – dem Schreiben des ersten Entwurfs. Ich glaube, die meisten Menschen denken, dass das die einzige Tätigkeit von Autor:innen ist. Das Planen, die Recherche, das Exposé, die beiden Überarbeitungsschritte, die Arbeit mit dem Lektorat und alles, was danach kommt, sehen die Wenigsten als Teil des Schreibens. Aber ja, ich sitze da mit meinem Plot und mit meinem Exposé und bin Kanal für meine Figuren und die Musen – die Magie. Meistens bin ich dabei totmüde und ich muss mich ernsthaft zur Arbeit motivieren, weil ich lieber wieder ins Bett gehen würde. Aber wie es halt so ist, sobald meine Hände über die Tasten flitzen, und mein Hirn in Schwung gekommen ist, läuft es ganz gut. Derzeit schaffte ich anderthalb bis zwei A4-Seiten pro Tag. Das klingt nicht viel. Aber ich überarbeite in einer Schreib-Session das, was ich am Vortag geschrieben habe und schreibe dann so lange weiter, bis meine Schreibzeit vorbei ist. Das Aufhören ist meistens genauso hart wie das Anfangen.

Das erste Kapitel hält sich eng an meine Schreibanweisungen und das Exposé. Es hat sich sofort gezeigt, was ich im letzten Artikel in Bezug auf meine Planung bemängelt habe: Meine Anweisungen sind sehr unspezifisch. Allerdings ist es auch schön, eine große Freiheit beim Schreiben zu haben. Die Zeit der literarischen Minenarbeit wird mich spätestens beim Überarbeiten erfassen. Jetzt ist die Phase im Schreibprozess, wo ich mich austoben darf – auch wenn ich dabei ständig den Wunsch im Hinterkopf habe, in meiner Überschwänglichkeit nicht zu viel Porzellan zu zerschlagen. Weil aufgeräumt, wird dann beim Überarbeiten. Am besten ich zeige dir was ich damit meine anhand eines Beispiels.

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Die Magie im Text

Es geht um ein Ritual, das Joscelyne durchführt, um den ersten von Belénas Splitter zu finden. Dabei muss etabliert werden, wer Beléna ist, warum sie in Scherben liegt und welche Konsequenzen das für die Welt hat; worin die Auswirkungen bestehen, wenn sie nicht geheilt wird und jetzt kommt der Knackpunkt: Wie verdammt nochmal in dieser Welt Magie funktioniert?! Dieses Wissen muss unter der Prämisse transportiert werden, dass Joscelyne ihrer Mutter davon erzählt, um sich die Seele zu erleichtern. Dass Joscelyne Magie betreibt, ist im Roman eine selbstverständliche Sache. Schließlich ist Joscelyne nicht Harald Töpfer, der in irgendeine Parallelwelt eingeführt wird und Magie erst erlernen muss – auch wenn der Vorgang erzählerisch betrachtet sau-praktisch ist. Aber du kennst mich vielleicht schon länger und weißt, dass ich eher der Typ bin, der mitsamt dem Haus in deine Welt hinein fällt. Und wenn du mich wirklich länger kennen solltest, und vielleicht auch noch eine Person aus der Reihe meiner Magic-People bist, dann versuche dich dran zu erinnern, ob und wie du deinen Eltern erzählt hast, dass du dich neuerdings mit Magie befasst. Also ich bin nach dem Gespräch von zuhause ausgezogen.

Erzählerische Prämissen

Natürlich weiß ich, wie Joscelyne zur Magie kam und ich wie das Verhältnis diesbezüglich zu ihrer Mutter aussieht. Ich werde es dir aber nicht verraten, weil das ein Geheimnis wäre, das ich ganz ans Ende der Romanreihe stellen würde. Weil natürlich möchte Jamesy wieder ganz schlau sein und seine Romanreihe NICHT mit einer Entstehungsgeschichte beginnen, sondern diese Entstehungsgeschichte ganz am Ende erzählen. Einfach weil ich es spannender finde.

Bis dahin gilt für mich als Autor die goldene Regel: Zeigen und nicht erklären und darauf hoffen, dass ich die Mutter-Tochter-Beziehung ausreichend gut skizziere, damit die Enthüllung im letzten Teil keine unangenehme Überraschung wird. Mit der Magie ist das eine andere Sache. Mein Magiesystem ist über zwei gescheiterte Romanprojekte gereift, was dazu führt, dass ich zu viel darüber weiß. An der Stelle kommt der Widder in mir durch, der sich für einen guten Lehrer hält, sich hinsetzt, die Beine spreizt und der unwissenden Leserschaft mansplainen muss, wie hier der weise Hase läuft. Es gibt so Ecken in meinem Charakter, die kann ich gar nicht leiden.

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Der Suchzauber

Wie bin ich also die oben aufgezählten Herausforderungen angegangen? Na, ich habe Joscelyne zaubern lassen und während sie das tut, so viele Querverbindungen wie möglich gezogen. Sie beschreibt das Problem und die Lösung dazu, wie es auch z.B. Peter Grant in den Flüssen von London tut, wo er seine Arbeit als Polizist erklärt. In der Textpassage aus dem Roman, die du gleich lesen wirst, geht es um einen Suchzauber mithilfe einer Nadel und eines Hühnereis. Joscelyne zerlegt das Problem in drei Teilbereiche: Den Ort wo man die Suche beginnt, den Ort wo sich das Gesuchte befindet und den Weg, den man zu dem Gesuchten zurücklegen muss.

„In meiner Welt ist alles beseelt und hat ein Bewusstsein. Und weil die Welt nichts anderes ist als eine gigantische Pilzkolonie, ist jedes Bewusstsein direkt oder indirekt mit einem anderen verbunden. Also irgendwer weiß immer, wo du dein Fahrrad stehen hast lassen, Mami. Es ergeben sich mindestens zwei Möglichkeiten: Entweder du befragst die richtigen Leute, oder du begibst dich in Trance und bereist die Informationsebene – also das Pilzgeflecht. Das klingt einfacher als gesagt. Und nein, Mami, bevor du fragst: Ich esse keine Rauschpilze!

Trotzdem bin ich recht gut im Trancereisen. Wenn auch nicht so gut, dass ich ohne Hilfsmittel auskomme. Dafür ist allerdings das Ritual da. Für das Ritual habe mir ein Hühnerei geklaut und diese Nadel hier mit roter Nähseide als Hilfsmittel benutzt. Weißt du noch, wie wir damals zu Ostern unsere gefärbten Eier ausgeblasen haben? Oh Mann, ich konnte das so schlecht! Ich dachte immer, meine Wangen würden jeden Moment vor lauter Anstrengung explodieren. Bei dir sah das immer ganz leicht aus.

Der Trick beim Eierausblasen ist, die richtige Stelle für den Einstich zu finden und man braucht ja auch zwei Löcher dafür. Eines wo mein reinbläst und das andere, wo der Inhalt des Eies rauskommt. Wir haben das Objekt und den Ort. Und der Weg zum Gesuchten führt durch das Ei. Die magische Bedeutung von Eiern in der Mythologie, lass dir von Cory erzählen, Mami. Du würdest es lieben ihm zuzuhören, genau wie ich. Aber ich schweife ab.

Der erste Stich gilt dem Gesuchten. Der Zweite muss dem gegenüberliegen, sonst lässt sich das Ei nicht ausblasen. Ich stellte mir Fragen: Wo steche zuerst in das Ei? Wo befindet sich Belénas Splitter? Und dann …

Okay, Mami, bevor du mich jetzt für die weibliche Version von dem Zauberer Merlin hältst, gestehe ich, ich hatte Hilfe bei diesem Zauber und ja, es wird noch ein klein wenig schräger.“

Die Herausforderung des ersten Kapitels

Wie du vielleicht sehen kannst, stelle ich andauernd Bezüge zu verschiedenen Dingen her. Hier ist das Osterfest mit der Mutter, da ist der Nerd-Freund Cory und da ist das, was Joscelyne bereits gelernt hat. Sag mir bitte, ob meine Rechnung aufgeht und wie du die Passage fandest. Schließlich steht sie im ersten Kapitel und muss die potenzielle Leserschaft ins Buch saugen. Die ersten Kapitel von Romanen sind nicht nur deswegen heikel. Einerseits müssen die Autor:innen ihre Welt etablieren, auf der anderen Seite muss ihnen dies auf eine spannende Weise gelingen.

Übrigens begegnet Joscelyne dem von Voltumnus besessenen Snake, der als Tippgeber auftritt. Wenn du Voltumnus Perlen gelesen hast, kannst du dich auf ein Wiedersehen mit ihm freuen. Falls du diese Kurzgeschichte auf meinem Blog noch nicht gelesen hast, hole das am besten gleich nach. Kostet dich nicht viel Zeit und kein Geld.

Apropos Kurzgeschichte: Eine habe ich da noch! Und zwar ist es eine längere Kurzgeschichte, die ich verwendet habe, um den Erzählstil von Joscelynes Roman zu testen. Ich erwähnte ja in vergangenen Blogartikeln, dass es drei Kurzgeschichten sein würden. Im nächsten Blogartikel werde ich ein wenig darüber erzählen und dann dürft ihr euch auf eine weitere geballte Ladung schräges Zeug aus Joscelynes Welt freuen.

Bis es soweit ist, freue ich mich über euer Feedback und das eine oder andere Like.

von JamesVermont
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JamesVermont aus Klagenfurt am Wörthersee ist Gestalter, Autor, Trommler und Vater 2er Kinder.

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